Der Pfauenhahn

Die Ästhetik der Selektion
Die Notwendigkeit, die Informationen aus unserer Umwelt, die uns unentwegt in enormen Mengen erreichen, zu filtern, reduzieren und auf Regelmäßigkeiten hin abzusuchen, gehört zu den Primärstrategien unserer informationsverarbeitenden Wahrnehmung.
Natürlich filtern wir schon vorbewusst den Großteil aller Informationen. Ignoranz ist hier systemrelevant. Aber wir sind auch pausenlos am Selektieren und Bewerten von wahrgenommenen Erscheinungen. Das wird als Ursprung ästhetischem Empfindens angesehen.
Denn der Mensch verhält sich eigentlich immer bis zu einem gewissen Grad ästhetisch, im Alltag vielleicht noch mehr als in einer definierten Kunstausstellung, wo er sein Unterscheidungs- und Distinktionsvermögen aufgerufen sieht. Das heißt, er verhält sich – ganz wie die Künstler – selektiv seiner Umwelt gegenüber. Das ist bei Tieren rudimentär ähnlich.
Über das „Tarnkleid“ des Pfauenhans
Er erhöht mit seinem „narzisstischen“ Verhalten nicht nur die Aufmerksamkeit der Artgenossen, sondern auch die der Fressfeinde. Das nimmt er aber wohl inkauf. Denn am Ende werden Männchen, die ein solches Prachtkleid zur Schau stellen können, von den Weibchen bevorzugt als Partner erkoren, wodurch für den polygamen Hahn mehr Nachkommen entstehen. Profiteur ist nicht der Hahn, sondern es sind seine „egoistischen Gene“ (Richard Dawkins). Die kostspielige und risikobehaftete Investition hat sich für diese gelohnt. Das Prinzip dieser Verschwendung als Strategie der sexuellen Selektion ist gut erforscht.
Die Zurschaustellung gilt nicht nur dem Ansehen des Einzelnen, sondern auch dem der Gruppe. Man schmückt sich selbst und seinen Haushalt, um die Distinktion einer höheren sozialen Schicht zu betonen. Selbstdarstellung auf eigene Kosten betreibt, wer es sich leisten kann, Konkurrenz zu signalisieren statt Kooperation.